Ursprünglich war für Intel eine Förderung von 6,8 Milliarden Euro vorgesehen, die über den regulären Haushalt finanziert werden sollte. Jetzt ist stattdessen geplant, dass die Subventionen über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) laufen sollen. Der KTF ist ein sogenanntes Sondervermögen, das nicht über den regulären Haushalt abgerechnet wird.

Politisch hat die geplante Umwidmung zwei wichtige Folgen: Für Finanzminister Lindner wird es leichter, den neuen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Er muss voraussichtlich weniger Geld einsparen als ursprünglich angekündigt. Das verschafft ihm Spielraum bei den Verhandlungen mit den anderen Ressorts.

Die zweite Folge: Im KTF werden absehbar die Milliarden für Intel für andere Projekte fehlen. Wie diese Situation gelöst werden soll, ist offenbar noch Gegenstand von Verhandlungen.

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    1 year ago

    Es stimmt, dass das nicht optimal ist, aber mMn. tut Habeck hier das Richtige. Wir müssen einerseits mehr dafür tun, bei der Industrie (einseitig) von anderen Ländern abhängig zu sein und haben andererseits bei manchen Technologien (v.a. Halbleitern) den Anschluss verloren.

    Jetzt einer ausländischen Firma wie Intel eine Fabrik zu finanzieren mag suboptimal wirken. Ich war, als ich zuerst davon gehört habe, auch eher dagegen. Seit ich mich mit jemanden unterhalten habe, der tatsächlich in der verbliebenen deutschen Halbleiterindustrie arbeiitet, sehe ich das anders. Sein Argument war im Prinzip, dass man Fabriken von ausländischen Firmen nutzen kann, um das Know-How aufzubauen, welches für eine wirklich eigenständige Halbleiterindustrie notwendig ist. Firmen wie Infineon können zwar Halbleiter herstellen, aber nicht wie Intel oder Samsung; sich deren bestehendes Know-How zunutze zu machen, kann von Vorteil sein.

    Ein anderes Land hat etwas Ähnliches bereits getan: China hat erst ausländische Firmen Automobilfabriken in China bauen lassen und kann jetzt eigene konkurrenzfähige Autos produzieren.

    Dass das Geld dazu aus dem Klimafond genommen werden muss, ist äußerst schmerzhaft, aber solange Christian Lindner & Co strikt gegen Subventionen, Schulden, etc. sind (und die SPD offenbar kein Problem damit hat), gibt es nur diese Wahl: Klimafond oder Intel-Fabrik.

    • gajustempus@feddit.de
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      1 year ago

      allerdings sollte man dem Werk dann auch unbedingt entsprechende Auflagen in den Bauantrag mit zukommen lassen. Dinge wie “Dächer müssen mit PV belegt werden”, “lokale Energiespeicherung”, “überdachte PKW-Abstellplätze mit PV-Dach” sowie übrige Dinge, die für einen niedrigeren Klima-Impact sorgen, würden mir da einfallen.

      Netter Nebeneffekt: Da die Stromkosten in D ja eher hoch sind und Intel den Strom selbst verwenden kann, sinken somit die Energiegestehungskosten für das Werk und die Nebenkosten in Summe sind dann eher niedrig. Win-Win sozusagen.

    • kohlenstoff@feddit.de
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      1 year ago

      Eine Firma wie ASML produziert bereits in den Niederlande und ist weltweit existenziell für die Halbleiterproduktion. Die tauchen nur nie in diesen Argumentationen auf. Die gesamte Produktionskette von Halbleitern ist durchgängig globalisiert, stark voneinander abhängig und für Jahre ausgelastet, da kann sich niemand einen Wirtschaftskrieg erlauben.

      Eine eigenständige Halbleiterindustrie in einer globalisierten Welt ist ein populistisches Luftschloss.

      • federalreverse-old@feddit.de
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        1 year ago

        ASML ist nur existenziell für die Herstellung der Chips mit den kleinsten Strukturbreiten (also im Wesentlichen die CPU-Chips für PCs und Smartphones). Für alle Chips, die mit größeren Strukturbreiten gefertigt werden können, gibt es auch andere Anbieter von Produktionsmaschinen. Wenn man sich also auf Chips mit größeren Strukturbreiten beschränken würde, wäre eine komplett lokalisierte Halbleiterindustrie vermutlich schon eine Option. Ist natürlich ein technischer Rückschritt um zehn Jahre oder so.

        Ich glaube aber auch nicht, dass es irgendwem in Deutschland wirklich darum geht, “eigenständig” im Sinne von “komplett unabhängig von US-amerikanischen Firmen” zu sein. Bei chinesischen (und taiwanischen) Firmen sieht das aber vielleicht anders aus.

        • Mikrochip@feddit.de
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          1 year ago

          Ja, so in der Art hatte ich das gemeint. Kaum eine Industrie kann sinnvoll in völliger Isolation wirtschaften. Aber es macht einen gewaltigen Unterschied, ob die eigene Industrie groß genug ist, um einen nenenswerten Teil des eigenen oder je nach dem sogar weltweiten Bedarfs prodzieren zu können, oder ob man nahezu alles importieren muss.

      • Mikrochip@feddit.de
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        1 year ago

        Wie Federal Reserve bereits schrieb: Unter eigenständig verstehe ich keine völlig abgekoppelte Industrie, sondern eine, die einen Großteil der Wertschöpfungskette selbst abdeckt, also bspw. von der Produktion der Wafer bis hin zum fertigen Chip. Absolut alles abzudecken ist nicht praktikabel, da hast du Recht.

        Aber Corona hat gezeigt, dass Wirtschaftskriege nicht notwendig sind, um Lieferketten nachhaltig zu stören. Je mehr wir importieren müssen, desto mehr sind wir externen Schwankungen ausgeliefert. Wenn wir umgekehrt mehr in Europa produzieren, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass eine wie auch immer geartete Störung am anderen Ende der Welt dazu führt, dass hierzulande bei Firmen Bänder stillstehen.

        Die gesamte Produktionskette von Halbleitern ist durchgängig globalisiert, stark voneinander abhängig und für Jahre ausgelastet, da kann sich niemand einen Wirtschaftskrieg erlauben.

        Ich fürchte, das scheitert daran, dass Entscheidungen selten völlig rational getroffen werden (können). Konnte sich Russland den Krieg in der Ukraine erlauben? Besonders clever scheint die Entscheidung nicht gewesen zu sein. Und ob China Taiwan angreifen wird, steht noch in den Sternen. Zugegeben, ich glaube, dass der Verlauf des Ukrainekriegs eine Invasion Taiwans unwahrscheinlicher gemacht hat, aber ausschließen können wir es nicht. So oder so ist die Weltgeschichte voller Entscheidungen, die spätestens im Nachhinein völlig hirnrissig wirken und dennoch getroffen wurden.

        Darüber hinaus haben Zuliefererfirmen wie Zeiss oder ASML mMn. nur begrenzten Nutzen, wenn Lieferketten tatsächlich beeinträchtigt werden. Wenn wir bspw. für eine gewisse Zeit keine Belichtungsmaschinen für neue Fabriken kaufen können, verzögert das vielleicht den Bau neuer Fabriken, bestehende können aber weiterhin arbeiten. Wenn wir aber keine eigene Chipproduktion (und Waferproduktion, etc.) haben, sitzen wir erheblich schneller auf dem Trockenen und sind so deutlich verwundbarer.

        Edit: zu früh abgeschickt